Die Frage nach dem richtigen Stativ wurde mir in den letzten Wochen gleich mehrfach gestellt. Anders als beim Kamerakauf, wo es oftmals Präferenzen zu einem bestimmten Hersteller oder der neuesten Technologie gibt, ist der Stativkauf eher von anderen Faktoren und Anforderungen getrieben.
Und genau hier liegen die Probleme verborgen. Ein Stativ, welches alle Anforderungen des Käufers und der Fotografie erfüllt ist nur sehr schwer unter einen Hut zu bringen.
Auf was kommt es den Käufern an? Welche Anforderungen gibt uns die Fotografie vor? Dieses Spannungsfeld erläutere ich in diesem Beitrag. Am Ende wirst du genau wissen auf was du achten musst .

Was willst du als Käufer?
Für dich als Käufer stehen meistens folgende Kriterien im Vordergrund:
- Gewicht
- Grösse
- Preis
Diese Kriterien sind allerdings nur bedingt erfüllbar und auch sinnvoll. Denn die genannten Kriterien haben zuerst einmal nichts mit dem eigentlichen Zweck eines Stativs zu tun. Schliesslich soll es uns so gut wie möglich dabei unterstützen verwacklungsfreie Bilder zu machen. Wie sind die obengenannten Kriterien nun einzuordnen?
Das Gewicht
Das Stativ muss leicht sein. Wiegen darf es nichts. Am Besten wäre wohl man könnte es mit Luft aufblasen. Die Kamera mit dem Objektiv ist ja schon schwer genug, so darf ein Stativ lieber kein zusätzliches Gewicht auf die Waage bringen. Mit den heutigen Materialien ist ein geringes Gewicht durchaus erreichbar. Namentlich ist hier Carbon zu erwähnen. War früher Aluminium leicht, so ist Carbon dem Aluminium ganz klar überlegen. Und dies nicht nur beim Gewicht, doch dazu später noch mehr.
Die Grösse
Ein Stativ muss klein sein. Es soll bloss nicht zu viel Platz im Rucksack einnehmen. Eigentlich müsste ja ein kleiner „Gorilla-Pod“ reichen. Der braucht nicht viel Platz und ist sogar noch leicht. Je nach Grösse und Gewicht von Kamera und Objektiv braucht es allerdings eine bestimmte Grösse des Stativs. Ein kleines Stativ mit filigranen Beinen verkraftet eine Systemkamera oder Spiegelreflexkamera mit einem Objektiv schlicht weg nicht.
Der Preis
Günstig muss es sein. Wenn der Discounter oder auch mehr und mehr das Fotofachgeschäft um die Ecke mit Sonderangeboten werben, sage ich nur Hände weg. Ein gutes und nutzbares Stativ welches billig ist, gibt es nicht! Der Spruch „Man kauft immer zweimal. Beim ersten Mal billig und beim zweiten Mal gut!“ wurde wahrscheinlich für Stative erfunden. Gleich vorweg – auch mir selbst erging es so! In meiner Arbeit als Fotografie-Mentor sehe ich selbst so oft die zuerst gekauften Stative, die halt den Benutzer frustrieren und ehrlich gesagt wenig taugen. Da lobe ich mir die Fotografie-Interessierten, die mich zuallererst einmal fragen was sie denn beim Stativkauf beachten müssen.
Ein „Frust“-Exemplar
Das folgend abgebildete Stativ steht exemplarisch für ein Stativ, welches ich nicht empfehlen kann und dies unabhängig von der Grösse und dem Gewicht der Kamera. Was man nicht sehen kann sind grosse Toleranzen in der Verarbeitung. Die Beine führen teilweise ein Eigenleben und der Kopf aus Kunststoff gibt bei Belastung leicht nach. Dieses Stativ ist eigentlich sogar ein Stativ für Videoaufnahmen. Daher auch die unteren Verstrebungen und der Griff am Kopf. Für Aufnahmen in der Natur wie Makro oder CloseUps ist dieses auch deshalb ungeeignet. Doch auch für Videoaufnahmen würde ich so ein Stativ nicht einsetzen.
Es ist zu erwähnen, dass solche Stative auch von eher bekannten Marken in der Fotobranche vertrieben werden. Geh mal auf die Online-Suche nach solchen Exemplaren. Du wirst sehr schnell fündig werden.

Was sind die Anforderungen aus Sicht Fotografie?
Um unsere Fotografie im Besten Sinne zu unterstützen sind die folgenden Kriterien besonders wichtig:
- Stabilität
- Arbeitshöhe
- Bedienbarkeit
- Einsatzzweck
- Spezielle Funktionen & Eigenschaften
Schauen wir uns mal genau an was sich dahinter verbirgt.
Stabilität
Das wichtigste Krîterium ist in meinen Augen die Stabilität. Ein Stativ muss einen stabilen Stand haben und darf sich nicht einfach so bewegen. Auch nicht unter Belastung! Zudem müssen der Stativkopf und die Bedienelemente für die genaue Justage der Kamera genau so stabil sein. Denn es bringt nichts, wenn der Kopf sich neigt oder sich unter Last verstellt während wir Fotografieren!
Arbeitshöhe
Etwas das häufig unterschätzt wird ist die Arbeitshöhe. Soll das Stativ klein sein, dann wird gerne zu einem Stativ gegriffen, welches wenig Arbeitshöhe bietet. Doch was bringt einem 1.80 m grossen Fotografen ein Stativ, wenn er mit einer Arbeitshöhe von 1.20 m Landschaftsaufnahmen machen will? Da sind Frust und Rückenschmerzen vorprogrammiert. Und nicht wegen dem Gewicht sondern wegen den Einschränkungen.

Bedienbarkeit
Eine intuitive und einfache Bedienbarkeit können wir nur nachvollziehen, wenn wir verschiedene Stative testen und vergleichen. So gibt es beim Verriegelungssystem der Beine hauptsächlich zwei oft vertretene Arten. Einerseits den Drehverschluss oder den Schnappverschluss. Was besser ist bleibt jedem selbst überlassen. Die eine Gruppe schwört auf den Schnappverschluss, die andere Gruppe, zu der auch ich mich zähle, auf den Drehverschluss.
Einsatzzweck
Was für einen Einsatzzweck muss das Stativ unterstützen? Geht es um reine Landschaftsaufnahmen in Augenhöhe? Oder muss mit dem Stativ bodennah fotografiert werden können? Stellst du das Stativ auch mal mit einem Bein ins Wasser? Willst du reine Videoaufnahmen machen? Je nach Einsatz sind die einen oder anderen Funktionen relevant. Doch hierzu gleich noch mehr. Wichtig ist zuerst einmal zu wissen wo und wie ein Stativ eingesetzt werden soll!
Spezielle Funktionen und Eigenschaften
Mittelsäule
Eine Mittelsäule hat den Zweck die Arbeitshöhe des Stativs zu erhöhen. Allerdings wird die Stabilität des oberen Stativteils dadurch negativ beeinflusst, sofern die Mittelsäule ausgefahren wird. Und dazu braucht es nicht einmal Wind um dies zu erfahren. Eine Mittelsäule bietet somit zwar Flexibilität die Höhe zu erhöhen, doch ist die Mittelsäule eingefahren verhindert sie auch einen bodennahen Einsatz. Das Stativ kann nicht mehr flach eingesetzt werden, da die Mittelsäule auf dem Boden aufsitzt.

Makroausleger
Um das Problem mit der aufsitzenden Mittelsäule zu vermeiden und den bodennahen Einsatz eines Stativs zu erlauben haben verschiedene Hersteller abklappbare Mittelsäulen entwickelt. Auf so ein Stativ bin ich auch schon „hereingefallen“! Die Mechanismen sind so schlecht und mühsam zu bedienen, dass man schnell gefrustet aufgibt. Für den bodennahen Einsatz verrate ich dir im Laufe des Blogs noch wie ich das Problem gelöst habe!


Wassereinsatz
Werden die Stativbeine nass im Einsatz? Da gilt auch ein besonderes Augenmerk der Dichtigkeit der ineinander fahrenden Beine. Egal ob Drehverschluss oder Schnappverschluss. Es gibt bei beiden Arten Stative die entsprechend abgedichtet sind. Denn wenn Wasser und auch Dreck eindringen können, dann wirst du nicht lange Freude an deinem neuen Stativ haben. Wenn irgendwann Geräusche auftreten und es nicht mehr so fein funktioniert, dann ist hier oft die Ursache zu finden.
Montagesystem – Arca Swiss Plate
Um die Kamera auf dem Stativ zu montieren, gibt es viel Systeme. Hier empfehle ich ganz klar von herstellerspezifischen Systemen Abstand zu nehmen. Mit irgendwelchen „XYZ“-Schnellwechselplatten wirst du nicht glücklich. Sobald die Kamera mit Objektiv eine geringe Neigung hat, beginnt das System sich zu lösen und deine Komposition ist dahin. Das einzige System, welches ich voll und ganz empfehlen kann ist das „Arca Swiss“ System. Hersteller, die etwas auf sich halten bieten dieses von Werk aus an. Hersteller, die eine eigene Lösung propagieren würde ich meiden!


Stativkopf
Eigentlich müsste ich zum Thema Stativkopf auch einen dedizierten Blog verfassen. Wer weiss, vielleicht kommt das ja mal noch. Hier sei kurz und knapp erwähnt, dass für unterschiedliche Einsatzzwecke unterschiedliche Stativköpfe existieren. Auf die wichtigsten Möglichkeiten sei hier nur kurz hingewiesen.
Landschaft, Natur & Makro
Für den Grossteil der Fotografen reicht wahrscheinlich der verbreitete Kugelkopf aus. Hiermit kannst du die Neigung und den Winkel der Kamera fein einstellen und stabil fixieren. Die flexible vertikale und horizontale Ausrichtung sowie das seitliche Abkippen der Kamera wird ermöglicht.

Wild Life
Hierzu empfiehlt sich ein Gimbal-Kopf. Durch eine ausgeklügelte Konstruktion werden Kamerabewegungen an verschiedenen Punkten nivelliert und ausgeglichen. Die Kamera hängt quasi in der Luft und somit ist eine absolut ruhige und weiche Kameraführung bei gleichzeitig völliger Bewegungskontrolle möglich.

Video
Willst du Videoaufnahmen machen, dann kommst du um einen spezifischen Videokopf nicht herum. Der Videokopf erlaubt dir weiche und ruckelfreie Schwenkbewegungen. Dank eines längeren Arms wird eine gefühlvolle Führung ermöglicht. Ein seitliches Abknicken ist bei so einem Kopf nicht möglich.

Mein persönliches Stativ
Was denkst du ist mein persönliches Stativ nach dem ersten Fehlkauf? Es ist ein von aussen eher grosses Carbon-Stativ mit sehr gutem Kugelkopf und ohne Mittelsäule!
Meine eigene Stativempfehlung kurz zusammengefasst:
- Carbon
- Drehverschlüsse an den Beinen
- Sehr gute Wasserunempfindlichkeit
- Verzicht auf Mittelsäule
- Arbeitshöhe ca. 1.50 m (bei 1.70m Körpergrösse)
- Stabil genug um eine schwere Spiegelreflex mit einem 200-500mm Tele zu tragen
Damit kann ich entweder Landschaftsfotografie oder Makrofotografie (siehe Bild unten) machen. Oder auch teilweise mal damit ins Wasser gehen!

Wie bringen wir alles unter einen Hut?
Gleich vorweg, dies ist so nicht möglich! Die Kriterien als Käufer und die Anforderungen der Fotografie sind grösstenteils konträr.
Es ist unsere Entscheidung, ob wir Gewicht, Grösse und Preis den Vorrang geben oder den Resultaten unserer Fotografie. Grundsätzlich ist Gewicht, Grösse und Preis ja nichts schlechtes, doch kommen sie für mich klar an zweiter Stelle.
Bist du nun auf der Suche nach einem Stativ, so kannst du mich jederzeit kontaktieren. Ich bin gerne mit meiner unabhängigen und kostenlosen Equipment-Beratung für dich da.
Willst du schon mal wissen, welche Hersteller ich aus eigener Erfahrung positiv bewerte? Meine Favoriten Links findest du am Ende dieses Artikels. Die Liste ist nicht vollständig, doch gibt sie dir sicherlich eine erste Richtung vor. Wenn ein Hersteller nicht vorkommt, dann soll dies keine negative Wertung darstellen. Wobei es schon den einen oder anderen bekannten Namen gibt, den ich niemals empfehlen würde.